Wie funktioniert der Weg von der Papierbuchhaltung hin zur digitalen Buchhaltung?

Jeder Anfang beginnt im Kopf und der persönlichen Einstellung. Der Weg von Papier hin zur digitalen Ablage erzeugt bei vielen Unternehmerinnen und Unternehmern eine Art Verlustängste. Keine physischen Ordner mehr, mehr Platz im Büro – wie soll ich diesen nutzen, der Postverkehr reduziert sich, sind die Daten sicher usw.

Aus diesen und vielen weiteren Gründen empfiehlt es sich, den Grundsatzentscheid gründlich zu überdenken sowie Pro und Kontra abzuwägen. Sie wollen wissen, was unsere Ãœberlegungen waren, unsere Firma ins digitale Zeitalter zu führen? Dann lesen Sie unseren Beitrag zur „Digitalen Transformation bei der RUEPP & Partner AG“.

Wie funktioniert jetzt aber die Umstellung der Papierbuchhaltung hin zur digitalen Buchhaltung?

Hier eine Anleitung, wie Sie vorgehen könnten.

1. Analyse und Planung

Der erste Schritt besteht darin, den aktuellen Zustand der Buchhaltung zu analysieren. Hierbei werden die vorhandenen Prozesse, die verwendeten Papierdokumente und die eingesetzte Software genauer unter die Lupe genommen. Dabei werden sich zahlreiche Fragen stellen wie:

  • Bietet meine aktuelle Softwarelösung geeignete Funktionen, dass ich vollständig digital arbeiten kann? (digitales Archiv, Scanfunktion mittels App, automatische E-Mail-Anbindung für Kreditoren-Workflow usw.)
  • Gibt es meine aktuelle Softwarelösung als App, oder muss ich diese noch lokal auf dem Computer installieren?
  • Wer arbeitet intern alles in der Buchhaltung?
  • Welche Prozesse könnte ich an eine Software auslagern?
  • Was kostet meine aktuelle Buchhaltungslösung (Personalkosten sowie Softwarekosten)?
  • Würde ich meine Buchhaltung an einen Treuhänder abgeben, welcher diese im Lead führt?
  • Welche Arbeiten könnte ich mit der neu gewonnenen Zeit übernehmen?

Eine gründliche Analyse hilft dabei, die Anforderungen für den Übergang zur digitalen Buchhaltung zu verstehen und eine klare Strategie zu entwickeln.

2. Auswahl der passenden Software

Nach der Analyse wird eine geeignete Buchhaltungssoftware ausgewählt. Diese Software sollte den Bedürfnissen des Unternehmens entsprechen und Funktionen wie die digitale Erfassung von Belegen, automatische Buchungen, Berichterstellung und Datenexport bieten.

Habe ich beispielsweise eine Software im Einsatz, über welche ich Rechnungen fakturiere und will das weiterhin tun? Auf welchem Weg bringe ich diese Rechnungen in eine externe Buchhaltungslösung?

Häufig bieten Softwareanbieter eine gigantische Auswahl an Möglichkeiten, was man alles machen könnte. Viele vergleichen dann zahlreiche Anbieter und entscheiden sich für jenen, welcher für die Preis-Leistung am meisten Funktionen bietet.

Ist das der richtige Weg oder nicht? Aus unserer Sicht sollte die Entscheidung auf der Grundlage gefällt werden, was benötige ich wirklich?

Bei einer Buchhaltung können dies folgende Punkte sein:

  • Debitorenbuchhaltung
  • Kreditorenbuchhaltung
  • Banktransaktionen
  • Spesenmanagement
  • Mehrwertsteuer
  • Löhne
  • Jahresabschluss
  • Steuererklärung

Die Steuererklärung muss nicht in der Buchhaltung integriert sein. Die vorgängigen Aufzählungen bilden lediglich die Punkte ab, welche für einen gesetzeskonformen Jahresabschluss benötigt werden.

Aus technischer Sicht muss sichergestellt werden, dass Schnittstellen vorhanden sind zu anderen Softwarelösungen, sodass ggf. ein CRM-, ERP- oder E-Commerce-System angeschlossen werden kann. Weiter entstehen Fragen wie, kann ich mit dieser Buchhaltung skalieren, bieten sie den gängigen Datenschutz und wie sieht die Wartung, der Kundensupport und die Weiterentwicklung aus? Fazit: Bevor die Suche nach einer neuen Lösung beginnt, muss eine Liste mit Mindestansprüchen (Prio 1) und Nice-to-have-Funktionen (Prio 2) erstellt werden.

3. Schulung der Mitarbeitenden

Ein weiterer sehr wichtiger Schritt ist die Schulung der Mitarbeitenden. Altersunabhängig bewahrheitet es sich, dass gewisse Personen eher mit neuen modernen Software umgehen können als andere. Die Umstellung auf eine digitale Buchhaltung erfordert oft neue Kenntnisse und Fähigkeiten. Schulungen und ein laufender Changemanagement-Prozess helfen den Mitarbeitenden, sich mit der neuen Software und den digitalen Prozessen vertraut zu machen. Eine saubere Einführung und Dokumentation hilft, später mit der Software effizient arbeiten zu können.

4. Digitalisierung der vorhandenen Papierdokumente

Der nächste Schritt ist die Digitalisierung der bestehenden Papierdokumente. Dies kann das Scannen von Rechnungen, Quittungen, Verträgen und anderen wichtigen Dokumenten umfassen. Wenn wir ein normales KMU in der Schweiz betrachten, entstehen Papierdokumente entweder mittels Erhalt von Postdokumenten oder es werden Unterlagen ausgedruckt. Vermutlich lässt sich das Papier nie vollkommen wegbedingen, und das ich auch gut so!

Ein möglicher Ansatz kann beispielsweise sein, auf einen Anbieter zu setzen, welcher das Postscanning übernimmt und die Dokumente online zur Verfügung stellt (hierzu mehr in unserem Beitrag „Arbeiten mit dem digitalen Postfach“).

Warum drucken wir Dokumente physisch aus? (z.B. Leuchtstift kann einfach verwendet werden, die Durchsicht geht besser auf Papier als am PC, ich muss Dokumente vergleichen usw.). Wir haben als Lösungsansatz allen Mitarbeitenden zwei Bildschirme am Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt. Zudem besteht die Möglichkeit, am Tablet oder Laptop die Dokumente mit einem Stift zu bearbeiten.

Zum Schluss darf nicht vergessen werden, dass die Dokumente qualifiziert werden müssen. Kann das Dokument einfach auf dem Laufwerk abgelegt werden, oder benötige ich dazu ein Datenmanagementsystem (DMS)?

5. Einrichtung der digitalen Prozesse

Sobald die Dokumente digitalisiert sind, werden die neuen digitalen Prozesse eingerichtet. Dies kann die Automatisierung von Buchungen, die Einführung digitaler Freigabeprozesse für Rechnungen und die Implementierung von Kontrollmechanismen zur Sicherstellung der Datenintegrität umfassen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Integration der Buchhaltungssoftware mit anderen Systemen des Unternehmens, wie beispielsweise der ERP-Software oder der Lohnbuchhaltung (die Machbarkeit sollte bereits in der Evaluationsphase geklärt werden).

Wir haben beispielsweise im digitalen Posteingang eine Funktion, welche für uns die normale Post von erhaltenen Rechnungen splittet. Folglich können wir die Rechnung direkt ohne Umweg in die Buchhaltung spielen und verlieren keine Zeit. Nicht zu glauben, was dies an Zeit spart. Früher musste die Post abgeholt, verteilt und geöffnet werden. Dann folgte die Visierung, Freigabe, Bezahlung, Verbuchung und Dokumentenablage. Mit dem digitalen Workflow konnten wir an diesem Beispiel ca. 80-90% an Zeit einsparen.

6. Datenmigration

In dieser Phase werden die bestehenden Buchhaltungsdaten aus den alten Systemen in die neue digitale Buchhaltungssoftware übertragen. Selbstverständlich werden nicht komplett alle Buchhaltungsabschlüsse der gesamten Firmengeschichte übernommen. In der Regel übernimmt die neue Buchhaltungslösung Eröffnungsbestände des letzten Stichtags. Bei einem unterjährigen Wechsel (was durchaus machbar ist), wird eine Saldoverbuchung des laufenden Jahres übernommen, damit ein Jahresabschluss erstellt werden kann.

7. Test und Anpassung

Nach der Datenmigration wird das neue System getestet. Es werden Testbuchungen erstellt, einzelne Prozesse wie die Kreditoren- und Debitorenverbuchung durchgespielt, Vorlagen und Buchungsstandards erstellt, damit am Schluss alle Prozesse sauber funktionieren. Natürlich können die Prozesse von Kunde zu Kunde variieren.

8. Go-Live und laufende Optimierung

Sobald das neue System vollständig eingerichtet und getestet ist, erfolgt der Go-Live, d.h. der Start der digitalen Buchhaltung im Echtbetrieb. Von diesem Zeitpunkt an werden alle Buchhaltungsprozesse digital abgewickelt. Es ist wichtig, die Systeme und Prozesse regelmässig zu überprüfen und bei Bedarf zu optimieren, um sicherzustellen, dass sie den sich ändernden Anforderungen des Unternehmens entsprechen.

Unsere Empfehlung

Sprechen Sie mit einem digital versierten Treuhänder über Ihre Gedanken. Er kann Sie dabei unterstützen, die Transformation Ihrer Buchhaltung voranzutreiben und erfolgreich umzusetzen.

Fazit

Der Übergang von der Papierbuchhaltung zur digitalen Buchhaltung ist ein anspruchsvoller Prozess, der sorgfältige Planung und Durchführung erfordert. Die Vorteile, wie Zeit- und Kosteneinsparungen, verbesserte Datenzugänglichkeit und -sicherheit, sowie die Reduzierung manueller Fehler, machen diesen Wandel jedoch zu einer lohnenden Investition für jedes Unternehmen.